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Ausführungen der Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen LNG zur Sondersitzung der Stadtvertreterversammlung, Beschlußvorlage Zulässigkeitsprüfung zum Bürgerbegehren

Screenshot: Berliner Zeitung

Sehr geehrter Herr Präsident,                                         Sassnitz am 11.01.2024
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Stadtvertreter,
Werte Sassnitzer Bürger und interessierte Einwohner,

ich gehe davon aus, Sie haben die Unterlagen ausgiebig gelesen und sich in die Sachlage eingearbeitet.

Es steht nun zur Abstimmung die Beschlußvorlage der Stadtverwaltung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen das LNG Terminal allein basierend auf dem Schreiben der Kanzlei DOMBERT.

Die Stellungnahme der unteren Rechtsaufsichtsbehörde welche in den Punkten der Fragestellung, der Begründung und dem Wirkungskreis den Initiatoren des Bürgerbegehrens recht gibt, muß bei der Entscheidung zur Beschlußvorlage der Stadt seine Berücksichtigung finden. Denn die Stellungnahme der unteren Rechtsaufsicht entkräftet weitestgehend das Schreiben der Kanzlei DOMBERT.

Zur Info: DOMBERT berät laut eigener Angabe auf ihrer Homepage bereits seit Dezember 2022 staatliche Stellen bei der Genehmigung des ersten LNG-Terminals in Wilhelmshaven. Außerdem erhielt sie im März 2023 den Zuschlag für großen Beratungsauftrag der Bundesnetzagentur. Ist das unabhängig?

Einziger Kritikpunkt der Stellungnahme der unteren Rechts-aufsichtsbehörde ist der angeblich fehlenden Kostendeckungsvorschlag.

Selbst durch DOMBERT zitierte Gerichtsurteile aus 2 anderen Bundesländern, ist nicht bewiesen, daß eine Angabe eines Kostendeckungsvorschlages notwendig wäre. Die Stadt Sassnitz schreibt in ihrer Beschlußvorlage zum 1. Bürgerbegehren vom 04.07.2023 dazu:

Zitat: „Eine Kostenschätzung ist obsolet.“

Die Stellungnahme der unteren Rechtsaufsichtsbehörde vom 27. August 2023 zum selbigen Bürgerbegehren besagte.

Zitat: „Ein Kostendeckungsvorschlag war nicht erforderlich.“

Die Gemeindeordnung der Kommunalverfassung §20 Absatz 12 sagt aus.

Zitat: „…falls Kosten verhindert oder vermindert werden, ist der Vorschlag überflüssig.“, „Dazu gehören auch die Betriebs- und Folgekosten.“

Weiterhin interessant:

Das notwendige Quorum für ein Bürgerbegehren beträgt 10 % der Wähler einer Gemeinde.

Zum 1. Bürgerbegehren mit Stand 04.07.2023 mußten mindestens 765 Bürger unterschreiben, um das notwendige Quorum zu erreichen.

Zum 2. Bürgerbegehren mit Stand 09.10.2023 waren mindestens 871 Unterstützungsunterschriften der Bürger notwendig. Daraus stellt sich uns folgende Frage:

Wie ist es möglich, daß die Stadt Sassnitz binnen kurzer Zeit eine Zuwanderung von 1060 Wahlberechtigten erfährt, die Staatsangehörige der EU, mindestens 16 Jahre alt sind und seit 37 Tagen ihren Hauptwohnsitz in Sassnitz haben?

=> Wenn bereits hier fehlerhaft gearbeitet worden ist, ist es recht naheliegend, daß die Beschlußvorlage der Stadt ebenfalls fehlerbehaftet ist, denn auf Nachfrage bei der Stadt Sassnitz, wurde die Anzahl der notwendigen Wählerunterschrift auf 834 korrigiert. Was stimmt denn nun wirklich?

Thema Rückzahlung Fördermittel

Das Wirtschaftsministerium MV führt aus, daß eine im Hafen die zitierte Verwaltungsvereinbarung „Hafenausbau Sassnitz-Mukran“ zwischen dem Bund und dem Land MV am 16.10.2023 geschlossen wurde.

Entsprechend kann ein am 05.09.2023 eingereichtes Bürgerbegehren, mit einer vorhergehenden Sammelzeit der Unterschriften von ca. 4-5 Wochen nicht gewußt haben, was am 16.10.2023 in einem Vertrag zwischen dem Bund und dem Land stehen wird.

Dies kann als Rechtsbeugung gewertet werden, um einen Bürgerentscheid zu verhindern. Es zielt gegen das in der Kommunalverfassung MV verbriefte Recht ab und versucht, einen Bürgerentscheid erheblich zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen.

Thema entgangenen Steuereinnahmen bzw. Gewinnausschüttungen

Hierzu ist in aller Klarheit anzumerken, dass weder Herr Knabe von der Deutschen ReGas noch Herr Kräusche als Bürgermeister auf Nachfragen keine Angaben zur Höhe der zu erwarteten Gewerbesteuer-Einnahmen gemacht haben.

Auch das Wirtschaftsministerium MV scheint nicht im Thema zu sein, denn auch sie scheinen nicht zu wissen, daß laut Gesellschaftervertrag der Fährhafen Sassnitz GmbH eine Gewinnausschüttung ausgeschlossen ist.

Somit ist mehr als fraglich, ob die Gewerbesteuer-Einnahmen aus einem möglichen LNG Standort auch nur annähernd hätten beziffert werden können. Warum werden dazu konkrete Aussagen vermieden?

Die Beschlußvorlage der Stadt Sassnitz führt aus, daß es für die Stadtvertretung keinen Ermessensspielraum gäbe. Sie suggeriert, eine Zustimmung sei alternativlos.

Das ist falsch.

Was könnte jetzt zur Lösung des Interessenskonfliktes beitragen?

1. Dem Bürgerbegehren wird in der vorliegenden Form stattgegeben.

2. Die Stadtvertretung formuliert einen Antrag in unserem Sinne. D.h. die Stadtvertretung formuliert jetzt ein eigenes Vertreterbegehren stimmt der Durchführung zu.

3. Die Stadtvertretung übernimmt aus dem eingereichten Bürgerbegehren die Fragestellung und die Begründung unverändert, fügt einen Kostendeckungsvorschlag hinzu und stimmt für die Zulassung des Bürgerbegehrens.

Fazit

Die vorliegende Beschlußvorlage ist nicht annehmbar und muss abgelehnt werden, wenn die Stadtvertreter demokratisch handeln wollen. Die Ausführungen der Kanzlei DOMBERT halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Beteiligung der Sassnitzer Bürger darf nicht an den Hürden einer „Regelbasierten Ordnung“ von Autokraten scheitern, denn sonst wäre die Kommunalverfassung überflüssig.

Oder um es mit den Worten der Ministerpräsidentin Fr. Schwesig zu sagen.

Zitat: „Wir sind doch froh über die Menschen, die hier im ländlichen Raum leben und arbeiten. Die halten da die Gesellschaft zusammen. Und immer wieder dort zu Belastungen zu kommen ist das Signal an die Menschen, wir haben euch vergessen.“ „Und wenn Politik Entscheidungen trifft, dann muß sie vorher mit den Leuten Sprechen und sie mitnehmen.“ „Es ist wichtig, daß man mit einander redet.“

Norbert Dahms

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